Friday 31 March 2017

{German} Professor Hieronimus - Amalie Skram

Deutsche Übersetzung aus dem Norwegischen

Veröffentlichung: 2016 (Guggolz Verlag) (Original: 1895)
Seiten: 461




















Klappentext: "Professor Hieronimus" erzählt die Geschichte der Malerin Else Kant, die sich nach einem Zusammenbruch in die psychiatrische Klinik von Professor Hieronimus begibt, um wieder zu Kräften zu kommen. Dort jedoch darf sie plötzlich keine eigenen Entscheidungen mehr treffen, muss sich den Regeln und dem Alltag in der Klinik fügen. Und auch die Entscheidung, wann sie wieder in ihr früheres Leben zurückkehren kann, liegt plötzlich nicht mehr in ihrer Hand. Else ist jedoch fest entschlossen, um ihre Selbstbestimmtheit zu kämpfen und ihre Würde zu bewahren. Dafür gibt sie fast alles auf, was ihr lieb erschien.

Meine Meinung: Die feministische, gesellschaftskritische Botschaft hinter diesem Roman ist nicht zu übersehen und der Leser leidet mit Else Kant mit. Starke Frauen, die versuchten, sich gegen die Gesellschaft aufzulehnen, wurden damals schlichtweg als hysterisch abgestempelt und in eine psychiatrische Klinik gesteckt. Bei Else kommt allerdings hinzu, dass sie kaum noch schlafen kann und in einer Art Schaffenskrise steckt, da sie kaum noch ein Bild zu Ende bringen kann.

Ich habe anfangs den Fehler gemacht, Elses Erzählungen vollen Glauben zu schenken. Dabei wissen wir doch gar nicht, ob sich wirklich alles so zugetragen hat, wie sie es wahrnimmt. Bereits vor dem Aufenthalt in der Klinik hatte sie Wahnvorstellungen und ich halte es für unwahrscheinlich, dass diese plötzlich aufhören. Schließlich sind da noch diese schrecklichen Zahnschmerzen, die sie immer dann heimsuchen, wenn gerade Stille in der Klinik ist und sie endlich schlafen könnte. Vielleicht ist so manches, was sie in der Nacht zu sehen geglaubt hat, in Wahrheit nur ein Traum oder Einbildung gewesen.

Professor Hieronimus selbst schätze ich aber nicht als Einbildung ein. Es hängt, wie ich bereits erwähnt habe, mit der angeblichen Hysterie zusammen. Er dürfte wohl Elses aufrührerisches Potential erkannt haben und versuchte das zu unterdrücken. Eine starke, selbstständige Frau passt nicht in sein Weltbild.

Bei den Krankenschwestern bin ich mir nicht sicher. Sie wirken nett, wenn gerade kein Arzt in der Nähe ist und plaudern viel mit Else. Sie erzählen ihr sogar von den Krankengeschichten der anderen - Schweigepflicht gab es damals noch nicht? Oder war ihnen das egal? Überhaupt tun die Pflegerinnen die ganze Zeit so, als würde Else nichts fehlen, aber alle anderen Patientinnen sind natürlich verrückt. Das kaufe ich Elses Erzählungen nicht ab, weil es genau das widerspiegelt, was sie denkt.
Eine völlige Wandlung machen die Schwestern wenn ein Arzt auftaucht, denn dann stellen sie sich auf seine Seite, obwohl sie kurz davor noch schlecht über ihn geredet haben. Ich sage nicht, dass auch das Elses Einbildung zuzuschreiben ist, solche Dinge passieren nämlich jeden Tag.

Das Ende hat mich enttäuscht, weil der Hinweis ausbleibt, wie verlässlich Else als Erzählerin ist. Außerdem erfährt man nicht, wie es mit ihrer Familie weiter geht. Wobei ich es in Ordnung finde, dass sie nicht einfach zu ihrem Leben als Ehefrau und Mutter zurückkehrt. Schließlich hat das zu ihrem Zusammenbruch geführt. Ich finde es gut, dass sie hoch erhobenen Hauptes die Klinik verlässt und ihren eigenen, selbst bestimmten Weg geht. Denn obwohl sie in ein Hospital will, ist es diesmal sie selbst, die das entscheidet.
Ich zweifle - genau wie Else - an der Diagnose, sie sei geisteskrank. Denn als sie gehen darf, ist nichts von einer Heilung bzw. einem Unterschied zu vorher zu erkennen und eine Geisteskranke oder hysterische Frau wird wohl kaum jemand einfach so entlassen.


Im Laufe des Aufenthaltes bei Professor Hieronimus und später in St. Jørgen wiederholt sich vieles und es wird mitunter sehr monoton und mühsam zu lesen. Vielleicht war gerade diese Monotonie von der Autorin beabsichtigt, um die Eintönigkeit in der Klinik darzustellen, es war jedoch nicht angenehm zu lesen. Davon abgesehen war das Buch sehr flüssig zu lesen und ich war mit den einzelnen Kapiteln eigentlich rasch durch.

Ein Buch, das man gelesen haben sollte, damit man sieht, wie Frauen damals behandelt wurden. Auch heute noch sehr relevant!

Meine Bewertung: 3/5 Knöpfe

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